Wirkung von Bevacizumab, Avastin bei Brustkrebs
Bevacizumab, Wirkstoff Avastin, anfangs als Hoffnungsträger fürBrustkrebs Erkrankte gefeiert. Doch bald kommen Zweifel auf. Mehrere neue Studien belegen: die Lebensdauer wird in den meisten Fällen nicht verlängert – die Krankheit nur aufgehalten – dann kann sie umso schneller weitergehen.
Pharmakonzern Roche: Erst musste die Firma einräumen, dass ihr Blockbuster Avastin nicht gegen Prostatakrebs hilft – jetzt zweifelt ein neues Gutachten an der Wirksamkeit des Medikaments auch bei Brustkrebs. Avastin ist für Roche ein sogenannter Blockbuster – mit rund 4,5 Milliarden € Umsatz jährlich.
Bevacizumab ist ein monoklonaler Antikörper, der zur Behandlung verschiedener Krebsarten eingesetzt wird. In Deutschland ist das Medikament unter dem Markennamen Avastin® zugelassen. Frauen mit fortgeschrittener metastasierter Brustkrebserkrankung, bei denen Herceptin® oder Lapatinib nicht wirken würde, weil ihr Tumorgewebe “Her2-Rezeptor negativ” ist, können Bevacizumab erhalten.
Das Mittel blockiert einen Wachstumsfaktor, der für die Bildung von Blutgefäßen in Tumoren wichtig ist. Fachleute sprechen vom “vaskulären endothelialen Wachstumsfaktor” VEGF (für englisch: vascular endothelial growth factor).
Bevacicumab wird alle zwei bis drei Wochen als Infusionslösung in die Vene verabreicht. Die Behandlung wird immer mit einer Chemotherapie kombiniert. Infrage kommen Zytostatika aus der Gruppe der Taxane und Capecitabin. Patientinnen erhalten das Medikament in der Regel so lange, bis es keine Wirkung mehr zeigt und sich die Erkrankung weiter ausbreitet.
Nebenwirkungen von Avastin, Bevacizumab
In den Studien vor der Zulassung zur Brustkrebsbehandlung konnte Bevacizumab das Fortschreiten der Erkrankung für wenige Monate aufhalten. Auf das Gesamtüberleben hatte Bevacizumab allerdings keinen Einfluss: Patientinnen mit fortgeschrittenem Brustkrebs lebten mit Bevacizumab ebenso lange wie Patientinnen, die nur eine Chemotherapie ohne Bevacizumab erhielten.
Erkauft wurde die positive Wirkung bei vielen Patientinnen durch Nebenwirkungen, die noch zu den Nebenwirkungen der Chemotherapie hinzukamen. Möglich sind Auswirkungen auf das Blutbild, mit den Folgen Müdigkeit und Schwäche, erhöhter Blutungsneigung bei gleichzeitigem Risiko der Bildung von Blutgerinnseln, und Infektionsneigung. Der Appetit wird beeinträchtigt, nicht wenige Frauen leiden unter Übelkeit und anderen Verdauungsbeschwerden. Als belastend empfinden viele zudem Haut- und Schleimhautveränderungen, vor allem Entzündungen und Nervenschäden an Händen und Füßen.
Die Abwägung, ob ein solches Medikament einer Krebspatientin mehr nutzt als schadet, ist schwierig. Dies zeigt sich auch an der internationalen Diskussion: In Deutschland ist das Medikament Avastin® nach wie vor für die Brustkrebs-Behandlung zugelassen.
Wie lange noch?
In den USA wurde die Zulassung von Avastin® zur Behandlung von Brustkrebs 2011 widerrufen, weil der Nutzen als nicht ausreichend hoch eingeschätzt wurde: „weder sicher noch ausreichend wirksam“
Avastin „ein marginal wirksames Medikament“ sei mit „erheblicher Toxizität“.
In den deutschen Leitlinien der Arbeitsgemeinschaft Gynäkologischer Onkologen (AGO) zur Behandlung von Brustkrebs werde Avastin sogar empfohlen.
Während die AOK bei der Behandlung von Brustkrebs mit Avastin weiterhin eine Leistungspflicht hat (laut Medizinischen Dienst zahlen die Kassen hier jährlich 600 Mio. Euro für Avastin), bezahlt in England die gesetzliche Krankenversicherung Avastin nicht mehr.
Die Ärzte verordnen weiter Avastin
Viele Ärzte haben keine Zeit, alle Studien selbst zu lesen. Sie stützen sich bei der Behandlung auf die sogenannten Leitlinien von Expertengruppen. Darin stehen Empfehlungen, etwa welche Medikamente bei Brustkrebs zum Einsatz kommen können.